Der Spreizgaffelschoner ATLANTIS

10. Juni 2004 Kommentare

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Das elliptische Unterwasserschiff der ATLANTIS folgt klassischer Linienführung, wie sie bei Segelyachten bis zum zweiten Weltkrieg modern waren. Ihre typischen Merkmale sind der Langkiel, der flache Vorsteven, die langen Überhänge und das schmale Spiegelheck. Das Konzept des schnellen Verdrängerrumpfes ist unter Modellbauern so beliebt, dass die ATLANTIS gerne auch als Basis für allerlei Umbauten, vornehmlich an der Takelage benutzt wird. Das Deckslayout der ATLANTIS wurde seinerzeit von Gerd Neumann nach diversen Vorbildern gestaltet. So geht der Steuerstand auf die COLOMBA, eine 30 m Ketsch aus dem Jahr 1902 zurück. Das Deckshaus wiederum wurde der ALBATROS nachempfunden. Sie war ein Geschenk des russischen Zaren an den König Wilhelm II von Württemberg im Jahr 1905. Die Holzlandschaft auf der ATLANTIS ist jedenfalls nett anzuschauen und schränkt die Gebrauchstauglichkeit beim Segeln nicht nennenswert ein.

Das ungewöhnliche Rigg der ATLANTIS findet seinen technischen Ursprung bei der Spreizgaffelketsch „Vamarie“ aus der Mitte der 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Nach diesem Schiff hat man die Spreizgaffeltakelung später auch oft allgemein benannt. Damals war ein Spreizgaffelsegel, worunter die Windsurfingpioniere in den 60er Jahren das Kardangelenk zum Windsurfen setzten, segeltechnisch der letzte Schrei und unter Seglern lebhaft umstritten. Konservative Segler beäugten es mit Zurückhaltung und Misstrauen. Dabei schienen die Vorteile der Spreizgaffel auf der Hand zu liegen. Der Energiespender Wind kann da ansetzen, wo er am kräftigsten weht, nämlich weit oben über dem Wasserspiegel. Das Achterliek kann nicht mehr auswehen, das Segelprofil läßt sich gut trimmen und vor dem Wind baumt sie sich selber aus. Dem Rigg sagte man nach, besonders gut Höhe laufen zu können. Weite Verbreitung fand die Konstruktion jedoch nicht. Die Zeitschrift „Yacht“ fand in einem kürzlich herausgebrachten Sonderheftchen über die besten 100 Yachten des letzten Jahrhunderts nur das Spreizgaffelrigg des Surfbretts einer Erwähnung wert. Vom Surfbrettrigg (und einigen hypermodernen Segelyacht Prototypen!) abgesehen, ist die Spreizgaffel heute ausgestorben. Kritiker bemängelten u.a. den Hang zur Luvgierigkeit sowie die mangelnde Handlichkeit der Spreizgaffel beim Bergen, sollte auffrischender Wind das erforderlich machen.

Die Firma Robbe ließ sich von dieser Kritik nicht beeindrucken und legte in den 80er Jahren die ATLANTIS mit Spreizgaffeltakelung auf die Modellbauwerft. Der große Schoner setzte damals Maßstäbe in bezug auf Länge, Gewicht und Besegelung. Rekordverdächtige 17,5 Kilo verteilen sich auf eine Länge von immerhin 1,38m Länge. Die zwei Masten der ATLANTIS tragen vier Segel mit der Bezeichnung: Baumfock, Schonersegel, Stagsegel und Großsegel. Außer der Baumfock können alle anderen Segel für Sturmfahrten leicht geborgen werden. Während der Großmast eine 7/8 Takelung aufweist, hat man es vorne mit Baumfock und dem ungewöhnlichen Spreizgaffelsegel zu tun. Die Spreizgaffel wird übrigens nicht wie bei Gaffeln (und Surfbrettriggs) üblich am Mast, sondern an einer Verstärkung des Vorlieks des Schonersegels aufgehängt. Statt der einfachen Baumfock bietet die Firma Robbe optional eine Genua samt aufwändiger Steuerung zum Austausch an. Nach meinem Wissen war das damals eine Pionierleistung für Baukästen ferngesteuerter Segelschiffe.

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KategorienDies und Das
  1. Niels Koeplin
    7. Oktober 2012, 14:18 | #1

    @Chris

    Hallo Chris, dann melde Dich mal: niels ät koeplin Punkt net

  2. Chris
    5. Juli 2012, 21:06 | #2

    @Niels Koeplin
    Hallo Niels !
    Habe gerade den Bericht gelesen und bin dabei auf deine Antwort gestoßen. Bin gerade dabei eine Atlantis aufzubauen und würde mich für deine Änderungen interessieren. Falls Bilder oder andere Details verfügbar wären und du mir diese zukommen lassen könntest würde ich mich ganz herzlich dafür bedanken

  3. 1. Dezember 2011, 19:48 | #3

    Hallo Gerd, Du hast da einen sehr treffenden Bericht verfasst. Komliment, die Segeleigenschaften empfinde ich genauso. Bei Starkwind wird Sie zum Uboot. Unkaputbar. Gegen Wassereinbruch habe ich allerdings eine Lenzpumpe verbaut. Als weitere änderungen, weil es schon zu viels Atlantise gab, zwei Vorsegel, Klüver und Fock, Deckshaus einer moderneren Jacht und Innenboarder. Also nicht Motorsatz von Robbe. Steuerung der Vorsegel über eigene Winde, per Schalter über Servoumker auf den anderen Bug zu bringen, aber per Mischer mit dem Groß-, Stag- und Gaffelsegel gemeinsam gestellt.
    Wenn Du Interresse hast rigge ich Sie, Freya, mal auf und mache ein par Fotos für Dich.
    Gruß, Niels